ESG in der Logistikimmobilie – welche Maßnahmen sich wirklich lohnen
- Lennart Stahl
- 25. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Nov.
Nachhaltigkeit ist im Logistik-Immobilienmarkt kein Buzzword mehr, sondern ein echter Werttreiber. Investoren nennen ESG inzwischen als wichtigsten Treiber ihrer Entscheidungen, noch vor anderen Trends. PwC Gleichzeitig erwarten Mieter immer häufiger, dass Hallen nicht nur funktional, sondern auch energieeffizient und „grün“ sind. clarionpartners.com
Im LSRE-Blog schauen wir darauf, welche ESG-Maßnahmen sich in der Praxis lohnen, mit Zahlen und konkreten Beispielen aus typischen Logistik-Szenarien.
1. Marktumfeld: Mieten stabil, ESG wird zum Filter
Der deutsche Logistik- und Industrieinvestmentmarkt hat sich 2024 stabilisiert:
Das Investmentvolumen in Logistikimmobilien lag 2024 bei rund 6,9 Mrd. €, ein Plus gegenüber dem Vorjahr. BNP Paribas Real Estate
Prime Yields für Core-Logistik in Top-Lagen liegen stabil bei etwa 4,25–4,50 % – nach dem Zinsanstieg der letzten Jahre ein neues „Normal“. BNP Paribas Real Estate+1
Prime-Mieten sind 2024 weiter leicht gestiegen (Deutschland Ø +1,8 % im ersten Halbjahr). europe-re.com
Gleichzeitig zeigt sich in europaweiten Studien:
Gebäude mit hohen Nachhaltigkeitsstandards profitieren von besseren Vermietungsquoten, stabileren Mieten und geringerer Wertabschreibung. cbre.de+1
Über 35 % der Logistikmieter sind bereit, eine Mietprämie in Höhe der eingesparten Betriebskosten zu zahlen, wenn vor Ort grüne Energie verfügbar ist. Und 26 % der Nutzer fordern mittlerweile einen Rabatt, wenn Gebäude nicht ESG-konform sind. Fidelity International
Kurz gesagt: ESG entscheidet zunehmend darüber, welche Hallen zuerst vermietet und zu welchem Preis gehandelt werden.
2. Energieeffizienz – der schnellste Hebel in Bestandsimmobilien
In typischen Logistikhallen macht Beleuchtung einen erheblichen Anteil des Stromverbrauchs aus. Der Umstieg auf LED ist daher ein Klassiker:
LED-Lösungen können den Energieverbrauch der Beleuchtung um bis zu 90–95 % senken. Aroundtown
Fallbeispiel 1: 10.000 m² Bestandslogistik – LED-Umrüstung
Halle: 10.000 m², Deckenbeleuchtung mit alten Leuchtstoffröhren
Stromkosten Beleuchtung: ca. 3–4 €/m²/Jahr (je nach Nutzung und Strompreis)
Jährliche Kosten: ca. 30.000–40.000 €
Nach Umrüstung auf LED:
Einsparung von 70–90 % der Beleuchtungskosten realistisch
Neue Kosten: z. B. nur noch 10.000 € statt 35.000 € pro Jahr
Ersparnis: ca. 25.000 € jährlich
Je nach Investitionsvolumen amortisiert sich so ein Projekt häufig in 3–5 Jahren, danach verbessert es direkt die Nebenkostenposition des Mieters – und damit die Attraktivität der Immobilie.
3. PV auf dem Hallendach – Stromkosten und ESG gleichzeitig
Logistik- und Industriehallen haben enorme Dachflächen. Studien zeigen, dass in Deutschland über 360 Mio. m² kommerziell nutzbare Dachfläche für PV auf Industrie- und Logistikgebäuden vorhanden sind. GARBE Industrial
Die Stromgestehungskosten:
Große PV-Anlagen (MW-Größe): ca. 4–7 ct/kWh
Kleinere Dachanlagen: ca. 6–14 ct/kWh Fraunhofer ISE
Damit liegt der PV-Strom deutlich unter typischen Gewerbestrompreisen, selbst nach der Entspannung der Energiemärkte.
Fallbeispiel 2: 20.000 m² Big-Box-Immobilie mit PV
Dachfläche nutzbar: ca. 15.000 m²
Realisierbare PV-Leistung: grob 1,5–2,0 MW (vereinfachte Annahme)
Jahresertrag: rund 1,4–1,8 Mio. kWh (je nach Standort und Ertrag)
Nutzt ein Mieter den Strom selbst, ergibt sich:
Stromkosten aus dem Netz z. B. 18–20 ct/kWh
PV-Gestehungskosten z. B. 8–10 ct/kWh
Ersparnis: 8–12 ct/kWh → Bei 1,5 Mio. kWh sind das 120.000–180.000 € pro Jahr
Solche Projekte realisieren bereits mehrere spezialisierte Logistik-Portfoliobetreiber, die innerhalb weniger Jahre ihre Dachflächen systematisch ausbauen. prologisgermany.de+1
Für Eigentümer heißt das:
Stärkeres Argument bei Vermietung („grüner Strom vor Ort“)
Potenziell zusätzliche Cashflows (Dachpacht, Mieterstrommodelle)
Besseres Standing bei Banken und Investoren

4. Mieterzahlen & Mietprämien – was der Markt akzeptiert
Europaweite Untersuchungen zeigen:
>35 % der Logistikmieter sind bereit, für grüne Energie und bessere ESG-Performance eine höhere Miete zu zahlen, solange die Nebenkostenersparnis mindestens gleich hoch ist wie der Aufschlag. Fidelity International
Fallbeispiel 3: Mietprämie durch ESG-Maßnahmen
Ausgangssituation:
Netto-Kaltmiete: 5,50 €/m²
Nebenkosten (v. a. Energie): 2,00 €/m²
Gesamtkosten: 7,50 €/m²
Nach ESG-Maßnahmen (LED + PV-Eigenverbrauch, bessere Regelungstechnik):
Nebenkosten sinken z. B. von 2,00 €/m² auf 1,40 €/m² → 0,60 €/m² Ersparnis
Mieter akzeptiert eine höhere Grundmiete von +0,30 €/m² (insgesamt 5,80 €/m²)
Ergebnis:
Für den Mieter sinken die Gesamtkosten trotzdem von 7,50 €/m² auf 7,20 €/m².
Für den Eigentümer steigt die Miete und damit der Objektwert. Bei einer Nettoanfangsrendite von 5 % entspricht ein Mietplus von 0,30 €/m² p. a. (bei 10.000 m²) immerhin 600.000 € zusätzlichem Wert.
Genau dieses Win-win macht ESG-Maßnahmen so attraktiv.
5. Flächenflexibilität & Drittverwendungsfähigkeit – die stille ESG-Komponente
Neben Energie und Technik spielt die Drittverwendungsfähigkeit eine wachsende Rolle:
Flexible Zuschnitte, ausreichende lichte Höhe
Mischung aus Rampen- und ebenerdiger Andienung
Reserveflächen, die bei Bedarf aktiviert werden können
In einem Markt, in dem Prime-Yields sich stabilisiert haben und der Spread zwischen „Core“ und nicht-ESG-konformen Objekten wächst, werden flexible, gut nachvermietbare Hallen klar bevorzugt.
Fazit: ESG ist ein Business Case, kein Marketingprojekt
Für Logistikimmobilien zwischen Hamburg, Neumünster und der Westküste gilt:
LED, PV und intelligente Technik senken messbar die Betriebskosten.
Mieter sind nachweislich bereit, Mietprämien zu zahlen, wenn ESG-Maßnahmen ihre Gesamtkosten senken. Fidelity International
Investoren fokussieren zunehmend auf nachhaltige Assets – und sind bei nicht-ESG-fähigen Beständen deutlich kritischer. PwC+1
Wenn Sie wissen wollen, welche ESG-Maßnahmen sich für Ihre Halle oder Ihr Portfolio konkret rechnen, unterstützt LSRE Sie bei:
Bestandsaufnahme von Energie- und ESG-Status
Wirtschaftlichkeitsrechnungen (Capex vs. Miet- und Wertpotenziale)
Positionierung der Immobilie im Markt (Vermietung / Verkauf)


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